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Augen auf bei der Trainerwahl

Quelle: Fotolia
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Es ist erst wenige Wochen her, da wurde die Pferdeszene von der Meldung erschüttert, dass die fünfjährige Quarter Horse-Stute Bella GunnaBe Gifted im Training bei dem bekannten Reining-Trainer Mark Arballo in den USA verstorben sein soll.

 

Der Trainer hatte die Stute nach Aussagen von Zeugen mit einem Curb-Bit (ähnlich einer Kandare) getrenst und die Zügel so am Sattel festgebunden, dass die Stute in die sog. Rollkurposition gezwungen wurde. In dieser Weise ausgebunden ließ er die Stute den Zeugen nach längere Zeit allein. Die Stute muss dann in Panik geraten und gestürzt sein, denn sie wurde mit schweren Kopfverletzungen gefunden und konnte nur noch eingeschläfert werden.

Doch damit nicht genug, plötzlich meldeten sich ehemalige Angestellte zu Wort und gaben an, dass es nicht das erste auf der River Valley Ranch verstorbene Trainingspferd gewesen sein soll. Der Trainer soll seit Jahren mit systematischer Tierquälerei gearbeitet haben um seine Ziele zu erreichen. Die Rede ist von aufgesporten Pferden, von Pferden die tagelang ohne Futter und Wasser trainiert wurden um sie gefügiger zu machen oder auch von speziellen, mit Schrauben versehenen Kinnriemen.

 

Natürlich kam daraufhin in den Foren die Frage auf wie es passieren kann, dass ein bekannter Trainer, in einem erfolgreichen Stall so arbeiten und trotzdem ausgebucht sein kann?

Viele antworteten, dass dies typisch für die USA oder gar die gesamte Reiningszene sei. Doch so einfach ist die Antwort nun wirklich nicht. Ich möchte zunächst einmal betonen, dass es sowohl in den USA, als auch in jedem anderen Land viele sehr gute Trainer gibt, die nicht mit solchen Methoden arbeiten.

 

Zudem muss man sich bewusst machen, dass es sich um ein reitweisenübergreifendes Problem handelt. Ich erinnere mich zum Beispiel noch sehr gut an meine Kindheit in verschiedenen Dressur- und Springställen, in denen ich bereits entsprechend eng ausgebundene Pferde stundenlang allein in ihren Boxen stehen sah. Auch nur wenige Jahre her ist der Fall der Dressur-Weltcup-Reiterin und Trainerin Christine Wels, die verurteilt wurde, da sie ihre Ausbildungspferde mit Sporen, Peitsche und Gebiss derartig traktierte, dass diese diverse Verletzungen davon trugen. Ein Video zeigte, wie die Trainerin in 32,5 Minuten 470 Mal auf ein Pferd einschlug. Oder auch der Fall des Tierarztes, Pferdetrainers und mehrfachen Schweizer Military-Meisters Jörg Bodenmüller in dessen Training im Jahr 2007 die Polopony-Stute Karioka verstarb, da diese - ebenfalls aufgrund immer engeren Ausbindens mit Schlaufzügeln - während harten Longierens mehrfach stürzte.

 

Nun kommt man vielleicht auf die Idee zu sagen, dass es nur ein Problem im großen Sport sei, doch auch das stimmt nicht. Man braucht keinen bekannten Trainer und/oder das Ziel einer erfolgreichen Turnierteilnahme. Oft greifen gerade in kleinen Ställen eher unbekannte Trainer aus Unwissenheit und Faulheit auf diese Methoden zurück, wie ich aus eigener, leidvoller Erfahrung sagen kann.

 

Um Trainer, die mit diesen Methoden Pferde quälen statt sie zu trainieren und die so zudem auch den ganzen Sport in Verruf bringen, endgültig von Pferden fernzuhalten gibt es nur einen Weg:
Die Aufklärung der Pferdebesitzer und somit potentiellen Kunden. Denn nur wenn die Kunden wegbleiben und sich mit solchen Methoden kein Geld mehr verdienen lässt, werden die oben genannten Schlagzeilen endlich nicht mehr zu lesen sein.
Leider ist es aber nicht immer ganz einfach, die schwarzen Schafe direkt als solche zu erkennen, denn oft verkaufen sich diese Menschen ausgesprochen gut. Kommen erste Zweifel auf nutzen solche Trainer gerne die Unwissenheit und Unsicherheit ihrer Kunden aus. Sie haben für alles eine Erklärung und geben dabei immer dem Pferd die Schuld. Sie manipulieren den Besitzer dadurch so, dass dieser irgendwann tatsächlich glaubt, dass nur dieser Trainer ihm helfen kann mit seinem Pferd klar zu kommen.

 

Worauf sollte man also achten wenn man auf der Suche nach einem Trainer ist?

Die Ausbildung des Trainers, Trainerscheine, Abzeichen oder gar die Turniererfolge sind jedenfalls nicht ausschlaggebend, wie die anfangs erläuterten Beispiele deutlich zeigen.

Die Internetrecherche und das persönliche Informieren in der jeweiligen Szene sind sicher hilfreich, allerdings auch nicht genug. Im Fall von Mark Arballo wussten zum Beispiel viele Menschen über die Trainingsmethoden Bescheid wie sich im Nachhinein herausstellte. Doch oft wird bis zur völligen Eskalation nur unter vorgehaltener Hand über Missstände gesprochen weil Rechtstreitigkeiten gefürchtet werden, wenn man sich an die Öffentlichkeit wendet. So hört man bei Nachfragen dann meist nur die lautstarke Stimme der jeweiligen Fürsprecher und nicht das leise Flüstern bisheriger Opfer.

 

Das Wichtigste ist und bleibt deshalb, sich den Trainer mehrfach persönlich anzusehen und sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Beim ersten Mal ist eine Terminvereinbarung sicher üblich und höflich, aber kommt später auch noch einmal unangemeldet vorbei und nehmt euch die Zeit Mal einen ganzen Tag auf der Anlage zu verbringen. Ist dies beides nicht erwünscht, solltet ihr bereits von dem entsprechenden Trainer Abstand nehmen. Ein Trainer der hinter verschlossenen Türen arbeiten muss, hat immer etwas Unschönes zu verbergen.

 

Achtet bei euren Besuchen immer auf den gesamten Umgang mit den Pferden; also seht euch nicht nur das Training in der Reithalle an, sondern beobachtet den Trainer (und auch alle anderen die mit den Pferden zu tun haben) beim Führen, Putzen und Satteln. Wird mit den Tieren hierbei respektvoll und fachmännisch umgegangen? Wenn nicht, stimmt die Grundeinstellung gegenüber dem Tier bereits nicht und es spricht einiges dafür, dass es bei Problemen im Training irgendwann zur Gewaltanwendung kommen wird.

Achtet insbesondere auch darauf wie die Pferde auf den Trainer und die Angestellten reagieren. Sind sie offen und neugierig wenn jemand an die Box kommt oder weichen sie sofort zurück. Ein sehr schlechtes Zeichen ist es auch, wenn die Tiere gar nicht mehr auf äußere Reize reagieren und nur apathisch in der Ecke stehen.

 

Achtet bei den bereits vorhandenen Trainingspferden zudem auf typische Verletzungen, wie z.B.:
- Schwielen oder blutige Krusten am Maul und / oder unter dem Kinn
- abgscheurtes Fell, blutige Krusten oder dicke Beulen an den Seiten

- Abgemagerte Pferde mit hochgeschürztem Bauch

- stumpfes Fell
- getrübter Blick bis hin zum Schmerzgesicht

- Verhaltensstörungen (Koppen, Weben, Kreislaufen, Zungenspiel o.ä.)

Beachtet dabei allerdings immer das Gesamtbild. Ein koppendes Pferd im Stall ist noch lange kein eindeutiges Zeichen für Tierquälerei im Training; vielleicht ist es schon mit dieser Verhaltensstörung in den Stall gekommen. Auch nicht jede kleine, aktuelle Verletzung ist unbedingt immer auf das Training zurück zuführen. Vorsichtig solltet ihr allerdings immer dann werden, wenn ihr mehrere ähnlich verletzte und verhaltensauffällige Pferde seht.

 

Handelt es sich um einen Trainer der selbst auch an Turnieren teilnimmt, fahrt wenn möglich mal zu einem Turnier hin und beobachtet sein Verhalten gegenüber den Pferden in dieser Stresssituation. Hier schaffen es viele nämlich nicht mehr ihr wahres Gesicht durchgehend zu verbergen. Seht euch dann aber natürlich nicht nur die Prüfung, sondern insbesondere das Verladen, Satteln und Abreiten an.

 

Habt ihr euch für einen Trainer entschieden, muss diese Entscheidung zudem nicht unumstößlich feststehen. Achtet auf euer Pferd und hört auf euer Bauchgefühl. Habt ihr den Eindruck, dass etwas nicht stimmt, weil sich das Verhalten des Pferdes vielleicht plötzlich verändert, ihr typische Verletzungen bemerkt oder Ihr bei einem anderen Pferd im Stall Methoden zu sehen bekommt, die euch nicht gefallen, macht kurzen Prozess und holt euer Pferd umgehend dort weg.
Handelt es sich nicht nur um ein Bauchgefühl, sondern habt ihr tatsächlich etwas Tierschutzwidriges beobachtet, ist es zudem wichtig, nicht nur das eigene Pferd zu schützen, sondern auch andere zu warnen. Erzählt offen was ihr gesehen habt und das nicht nur jedem der danach fragt, sondern ggf. auch dem Veterinäramt und dem zuständigen Tierschutzverein. Auch wenn diese vielleicht nicht sofort tätig werden, werden Sie bei der nächsten Meldung sicher schon hellhöriger werden. Hätten mehr Insider ihr Wissen über Mark Arballo schon früher publiziert, würde Bella GunnaBe Gifted heute wahrscheinlich noch leben.